Freitag-Sonntag / 26.-28.10.2018 / Berlin
11. Marx-Herbstschule: Weltmarkt und Krise
Vor rund 30 Jahren implodierte der Realsozialismus und Marx wurde für tot erklärt. Vor 20 Jahren war dann von der »Globalisierung« die Rede, seit den Protesten gegen das WTO-Treffen 1999 in Seattle auch von einer »globalisierungskritischen Bewegung«, und im Zuge dieser Diskussion kam es auch zu einer »Rückkehr von Marx« und der Beschäftigung mit seiner Ökonomiekritik. 2008, vor nunmehr 10 Jahren, kam es schließlich zur Finanzkrise und zu einer erneuten Rückkehr von Marx.
Und in der Tat ist bei Marx beides Thema, Globalisierung wie Krise. Er sprach allerdings statt von Globalisierung vom »Weltmarkt«. Schon 1848 stellte er im Kommunistischen Manifest fest: »Die Bourgeoisie hat durch die Exploitation des Weltmarkts die Produktion und Konsumtion aller Länder kosmopolitisch gestaltet.«
Diese »kosmopolitische Gestaltung« ist kein Zufall: Kapitalismus ist für Marx ein Prozess, der sich sowohl intensiv als auch extensiv ständig entwickelt und ausdehnt. So werden immer mehr Bereiche des Lebens und der Produktion sowie immer mehr Orte auf der Welt von der Logik der Verwertung und Profitmaximierung erobert.
Durch seine Dynamik und seine »Exploitation des Weltmarkts« bringt das Kapital aber auch seine eigene Krisenhaftigkeit hervor. Krisen entstehen Marx zufolge jedoch nicht nur, wenn in der Ökonomie etwas falsch oder aus dem Ruder läuft, wie es bei der Dotcom-Blase 2001 oder der Krise des US–amerikanischen Immobilienmarkts und der Finanzmärkte 2008 den Anschein hatte. Krisen entstehen nach Marx aus dem ganz normalen Verwertungsprozess des Kapitals selbst und seiner ungeheuren Dynamik. In Krisenzeiten wird die kapitalistische Produktionsweise zudem keineswegs, auch wenn es so scheint, unterbrochen oder bricht gar zusammen. Sie wird vielmehr gewaltsam aufrechterhalten: »Und weiter ist Krise nichts als die gewaltsame Geltendmachung der Einheit von Phasen des Produktionsprozesses, die sich gegeneinander verselbständigt haben«, schreibt Marx in den Theorien über den Mehrwert.
Wir wollen uns auf der 11. Marx-Herbstschule diesem Zusammenhang von Weltmarkt und Krise in Lesegruppen widmen. Er soll in drei Schritten erschlossen werden:
1. durch tagespolitische Artikel von Marx zu den Krisen seiner Zeit,
2. durch Texte um das revolutionäre Jahr 1848, in denen Marx sich mit den weltweiten revolutionären Entwicklungen und Umbrüchen auseinandersetzt, und
3. durch einschlägige Passagen aus den drei Bänden des Kapital, in denen Marx im Zuge seiner Analyse der kapitalistischen Produktionsweise auch die Notwendigkeit von Krisen begründet.
Die Lesegruppen-Phasen werden begleitet und ergänzt durch mehrere Vorträge. Am Freitagabend wird es eine Einführung in Marx‘ Begriff von Krise und Weltmarkt geben, am Samstagabend wird Heide Gerstenberger über Marx im Zusammenhang mit Bretton Woods sprechen. Und am Sonntagvormittag diskutieren Michael Heinrich und Klaus-Dieter Block Marx‘ Überlegungen zum Weltmarkt.
Programm
Freitag, 26.10.2018
16.30 Uhr: Anmeldung
17-18.30 Uhr: Begrüßung und Einführung
„Möglichkeit und Wirklichkeit der Krise“ (Karl Marx) – Einführung in Thema und Textauswahl. Mit Anne-Kathrin Krug und Bafta Sarbo
18.30-19 Uhr: Pause mit Imbiss
19-21 Uhr: Start der Arbeitsgruppen. Mit den Teamerinnen:
Dimitra Alifieraki, Ozeni Athanasiadou, Valeria Bruschi, Christian Frings, Ehrenfried Galander, Thomas Gehrig, Tatjana Gossen, Charlie Kaufhold, Anne-Kathrin Krug, Nicolas Drexel, Christian Meyer, Renate Mohl, Nadja Rakowitz, Axel Rüdiger, Christian Schmidt, Matthias Ubl, Christopher Wimmer
Samstag, 27.10.2018
10-12.30 Uhr: Fortsetzung der Arbeitsgruppen
12.30-13 Uhr: Gemeinsame Runde
13-14 Uhr: Mittagessen
14-17.30 Uhr: Fortsetzung der Arbeitsgruppen
17.30-19 Pause
19 Uhr: Abendveranstaltung
Heide Gerstenberger: Über Marx und über Bretton Woods
Eintritt: 2,00 Euro
Ort: Münzenbergsaal, Rosa-Luxemburg-Stiftung, Franz-Mehring Platz 1, Berlin
Sonntag, 28.10.2018
9-10.30 Uhr: Arbeitsgruppe für Frühaufsteher
10.30- 11 Uhr: Kaffeepause
11-12.30 Uhr: Michael Heinrich und Klaus-Dieter Block: Marx‘ Überlegungen zu Weltmarkt und Krise
Eintritt: 2,00 Euro
Ort: Seminarraum 1, Rosa-Luxemburg-Stiftung, Franz-Mehring Platz 1, Berlin
12.30-13 Uhr: Abschlussrunde
Kosten: 15 Euro / 10 Euro ermäßigt
Reader der 11. Marx-Herbstschule “Weltmarkt und Krise”
Hier könnt ihr Euch den Reader als PDF herunterladen.
Inhaltsverzeichnis:
1. Das Phänomen der Krise – 1857/58
Der Bankakt von 1844 und die Geldkrise in England
(„New-York Daily Tribune“ vom 21.11.1857, MEW 12, S. 314-319)
Die Handelskrise in England
(„New-York Daily Tribune“ vom 15.12.1857, MEW 12, S. 335-338)
Die Krise in Europa
(„New-York Daily Tribune“ vom 5.1.1858, MEW 12, S. 344-346)
2. Weltmarkt und Kapitalismus
Der Weltmarkt als Medium der Entstehung des Kapitalismus
(aus der sog. „Deutsche Ideologie“, MEGA2 I/5, S. 80-89)
Handelskapital und Übergang
vom Feudalismus zum Kapitalismus
(aus: Das Kapital, Bd. 3, MEW 25, S. 344-349)
Kapitalismus und Sklaverei
(aus: Das Kapital, Bd. 2, MEW 24, S. 113)
3. Krisenmechanismen
a) Möglichkeit und Wirklichkeit der Krise
(aus: Theorien über den Mehrwert, Bd. 2, MEW 26.2, S. 508-518)
b) Reproduktion des Kapitals und Zentralität der Logistik
Schema der einfachen Reproduktion
(aus: Das Kapital, Bd. 2, MEW 24, S. 391-401)
Schema der erweiterten Reproduktion
(aus: Das Kapital, Bd. 2, MEW 24, S. 505-509)
Transport und Logistik
(aus: Das Kapital, Bd. 2, MEW 24, S. 252-254)
c) Weltmarkt, Produktivkraft und Profitrate
Maschine, neue internationale Arbeitsteilung und Krise
(aus: Das Kapital, Bd. 1, MEW 23, S. 474-476)
Fall der Profitrate und historische Tendenz
(aus: Das Kapital, Bd. 3, MEW 25, S. 273-277)
Die wahre Schranke der kapitalistischen Produktion
(aus: Das Kapital, Bd. 3, MEW 25, S. 260))
d) Kredit und Krise
Kredit, Weltmarkt und Krise
(aus: Das Kapital, Bd. 3, MEW 25, S. 457)
Bankensystem und Krise
(aus: Das Kapital, Bd. 3, MEW 25, S. 620f.)