27.10.-29.10.2023
16. Marx-Herbstschule

Technik und Kapital bei Marx

Die Marx-Herbstschule 2023 widmet sich dem kapitalistischen Produktionsmittel schlechthin, der Maschine sowie der Rolle der Technik. Im Mittelpunkt steht ein Textfragment von Marx aus den Grundrissen. Es behandelt Überlegungen zur Bedeutung von Maschine, Wissenschaft und Technik für die kapitalistische Produktionsweise und ihre Entwicklung und ist unter dem Titel „Maschinenfragment“ berühmt geworden – auch wenn dieser Titel nicht von Marx selbst gewählt wurde. Der Text hat vor allem in der italienischen und französischen Marx-Diskussion Ende der 1960er Jahre für Furore gesorgt, er wurde aber auch, so wie die Grundrisse generell, in anderen Ländern diskutiert. So wurde der Text in der Tschechoslowakai einflussreich für den sog. Richta-Report eines Autorenkollektivs um den marxistisch orientierten tschechoslowakischen Soziologen und Philosophen Radovan-Richa. Der Report setzte sich mit den Auswirkungen der „wissenschaftlich-technischen Revolution“ auseinander und hatte auch Einfluss auf den Prager Frühling 1968.

Das Interesse galt vor allem Passagen, in denen Marx Überlegungen zum Ende des Tauschwerts, zur Emanzipation von der Arbeit, zur Rolle der geistigen Arbeit und zum emanzipativen Gebrauch der Wissenschaft anstellt. Auch der mittlerweile prominent gewordene Begriff „General Intellect“ taucht in diesem Zusammenhang auf.

Der diesjährige Reader flankiert den Text durch weitere Passagen – vor allem aus dem Kapital –, in denen sich Marx mit der Rolle der Maschine für die kapitalistische Verwertung, für die Steigerung der Produktivkraft und für die Anwendung und Ausbeutung der Arbeiter_innen auseinandersetzt. Es gilt zu erschließen, warum die Maschine nicht „nur“ das Produktionsmittel schlechthin für die Produktion von Waren und für die Steigerung der Produktivkraft ist, sondern warum sie ein spezifisch kapitalistisches Produktionsmittel ist: Sie ist, wie Marx betont, auch eine Maschine zur Produktion von Mehrwert, mithin zur Akkumulation von Reichtum in abstrakter, rein quantitativer Gestalt.

Das Thema der 16. Marx-Herbstschule ist erneut auf zwei Jahre aufgeteilt. Während es in diesem Jahr um das Fragment aus den Grundrissen und weitere Texte rund um die klassische industrielle Maschinerie und Technik gehen soll, wird die MHS 2024 Texte von Marx behandeln, die für die weitere kapitalistische Entwicklung relevant sind und auf die aktuellen Formen der Produktion verweisen, bis hin zur universellen Rechenmaschine, dem Computer.

Programm:

Freitag I 27.10.23 I ab 16 Uhr
Anmeldung bei der Marxherbstschule

Freitag I 27.10.23 I 17-18:30 Uhr
Einführung ins Thema, Reader und die MEGA-Ausgabe

Am Freitagabend soll zum Auftakt aus östlicher und westlicher Perspektive geschildert werden, warum die Frage der Technologie und ihres kapitalistischen Charakters und damit deren Behandlung in den „Grundrissen“ in den 1960er-Jahren eine solche Bedeutung bekamen. Auf der einen Seite widmen wir uns den Diskussionen in Osteuropa und insbesondere des Richta-Reports von 1968, der mit der deutschen Übersetzung von 1971 und aufgrund des großen Interesses am Prager Frühling auch in Westeuropa einige Beachtung gefunden hatte. Der Richta-Report bezieht sich stark auf die „Grundrisse“ von Marx, an deren Übersetzung ins Tschechische Radovan Richta mitgearbeitet hatte. Parallel dazu soll die Diskussion in West-Europa und in der BRD dargestellt werden, ausgehend von der allgemeinen Erschütterung des technologischen Fortschrittsglaubens durch Weltkriege und Holocaust und der Wiederentdeckung der Technologiekritik bei Marx, insbesondere im frühen Operaismus, und dem damit verbundenen Interesse an den „Grundrissen“.
Mit: Dr. Ehrenfried Galander und Christian Frings


Freitag I 27.10.23 I 19-21 Uhr
Lesekreise in einzelnen Gruppen
Teamer*innen und Orga: Dimitra Alifieraki, Valeria Bruschi, Frank Engster, Christian Frings, Ehrenfried Galander, Thomas Gehrig, Tatjana Gossen, André Kistner, Anne-Kathrin Krug, Christian Meyer, Nadja Rakowitz, Bafta Sarbo, Christian Schmidt, Jenny Simon, Mathias Ubl, Birgit Ziener

Sonnabend I 28.10.23 I 10-13 und 14-18 Uhr
Lesekreise in einzelnen Gruppen (zur Pause: Mittagessen)

Sonnabend I 28.10.23 I 19-21 Uhr
Abendveranstaltung: Prof. Riccardo Bellofiore: Marx’ Kritik von Maschinerie und Technik im “Kapital” und in den “Grundrissen”
Marx’ Kritik von Maschinerie und Technik im “Kapital” und in den “Grundrissen”

Riccardo Bellofiore wird in einer kleinen Zusammenschau der Kapitel 11, 12 und 13 des Kapital Bd. I präsentieren, was Marx zur “Frage der Maschine” entwickelt hat. Diese Kapitel aus dem Kapital werden zudem ins Verhältnis gesetzt zu Marx’ Überlegungen in dem sog. Fragment über die Maschine aus den Grundrissen, die in der diesjährigen Marx-Herbstschule diskutiert werden. Dabei wird insbesondere auf die Probleme einer anthropologischen Vorstellungen der Arbeit als “Wesen” des Menschen sowie auf die Vorstellung von einer unmittelbaren Vergesellschaftung der Produktion eingegangen, im Rückgriff auf einige ausgewählte Kritiken, die diese Überlegungen von Marx in der Literatur bereits erhalten haben. Abschließend wird der Versuch unternommen zu prüfen, welche der verschiedenen Überlegungen und welcher Marx – der Marx der Grundrisse oder der Marx des Kapital – uns erlaubt, unsere kapitalistische Gegenwart einer Kritik zu unterziehen.
Mit: Prof. Riccardo Bellofiore (er hat an der Universität Bergamo Politische Ökonomie, Monetäre Makroökonomie und Geschichte des wirtschaftlichen Denkens gelehrt)
Moderation: Valeria Bruschi

Sonntag I 29.10.23 I 9-11 Uhr
Lesekreis für Frühaufsteher*innen

Sonntag I 29.10.23 I 11-13 Uhr
Maschinenstürmerei*: Autonomie und Sabotage

Anstatt uns eine Welt ohne Arbeit vorzustellen, so die Ausgangsthese des Vortrags, die es nie geben wird, sollten wir untersuchen, wie historische Kämpfe ein alternatives Verhältnis zu Arbeit und Befreiung postuliert haben, in dem die Kontrolle über den Arbeitsprozess zu mehr Kontrolle über weitere gesellschaftliche Prozesse führt und die Arbeit der Bereicherung der Menschen dient statt einer abstrakten Produktivität. Darüber hinaus könnten diese Kämpfe auf das einzige Mittel zur Befreiung vom Kapiatlismus hindeuten: die Bildung einer militanten kämpfenden Klasse, die das Kapital in all seinen Herrschaftsformen angreift, auch der technologischen.
Referent: Dr. Gavin Mueller (University of Amsterdam)
Moderation: Frank Engster

READER

Der Reader der 16. Marxherbstschule kann hier runtergeladen werden.

Inhaltsverzeichnis:

Technik und Kapital bei Marx


1. Technik in Marx‘ Grundrissen

[Fixes Kapital und Entwicklung der Produktivkräfte der Gesellschaft]
(aus: Grundrisse, MEW 42, S. 590-609, die handschriftlichen Anstreichungen von Marx wurden übernommen aus der: MEGA II 1.2
Manuskripte 1857/58 Teil 2)
handschriftliche Anstreichungen von Marx wurden übernommen aus: MEGA II.1.2 Manuskripte 1857/58, Teil 2

2. Technik in Marx‘ Kapital

Maschinerie und große Industrie
(aus: Kapital, Bd. 1, MEW 23, 13. Kap., S. 391-396)

2. Wertabgabe der Maschinerie an das Produkt
(aus: Kapital, Bd. 1, MEW 23, 13. Kap., S. 407-416)

„Der verdrängte Arbeiter“
(aus: Kapital, Bd. 1, MEW 23, 13. Kap., S. 464-465)

Ökonomie in der Anwendung des kontanten Kapitals
(aus: Kapital, Bd. 3, MEW 25, 5. Kap., S. 87-98)

3. Technik in Marx‘ Ökonomischen Manuskripten

Mystification des Capitals etc.
(aus: MEGA II.4.1 Ökonomische Manuskripte 1863-1867)
(aus: MEGA II 4.1 Ökonomische Manuskript 1863-1867, S. 119-123